Therapie

Der Schwerpunkt der Therapie bei Kindern mit frühkindlichem Autismus liegt in der Kommunikationsförderung (Sprachaufbau, Bild- und Symbolkommunikation, Gebärdensprache, etc.), der Verbesserung des Sozialverhaltens, der Spielförderung, der Wahrnehmungsförderung, der Erweiterung der Handlungskompetenzen sowie der Bearbeitung sekundärer Verhaltensprobleme.

Da über das Zusammenwirken der verschiedenen verursachenden Faktoren bei Autismus noch keine Klarheit herrscht, ist eine kausale Therapie nicht möglich. Da zusätzlich die Ausprägung einer autistischen Störung sehr unterschiedlich sein kann, erfordert dies zwangsläufig ein Vorgehen, das sich am Einzelfall und dem jeweiligen Entwicklungsstand orientiert.

In jedem Falle erscheint ein mehrdimensionaler Ansatz sinnvoll zu sein.

Eltern stehen derzeit einem geradezu unüberschaubaren Angebot an Therapien gegenüber. Vereinfachend können die therapeutischen Interventionskonzepte in drei große Gruppen aufgeteilt werden:

  • Umfassende psychoedukative und/oder lerntheoretisch orientierte Programme (meist autismusspezifisch)
  • Komplementäre oder alternative Ansätze (nicht unbedingt autismusspezifisch)
  • Medizinische oder alternativmedizinische Ansätze (nicht unbedingt autismusspezifisch)

1. Psychoedukative und/oder lerntheoretisch fundierte Programme (autismusspezifisch)

Eines der bekanntesten multidimensionalen Programme ist das „TEACCH“ (Treatment and Education of Autistic and Communication Handicapped Children) von Schopler und Mesibov. Die Interventionen umfassen förderorientierte Diagnostik, Elterntraining, Schulunterricht, Förderung sozialer Fertigkeiten und konstruktiver Freizeitbeschäftigungen, Kommunikationstraining, berufliche Ausbildung und Arbeitsplatz-Assistenz. Ein wesentliches Merkmal des TEACCH Programms ist die Idee, die Umgebung des Betroffenen so zu gestalten, dass optimales Lernen für die Person mit autistischer Beeinträchtigung möglich ist. Dies geschieht beispielsweise über ein hohes Maß an vereinfachender Visualisierung und Strukturierung des Alltags.

Lerntheoretisch orientierte Methoden sind Bestandteil vieler umfassender Programme zur Intervention bei autistischen Beeinträchtigungen und scheinen unabdingbar in der Therapie betroffener Personen. Die klassischen verhaltenstherapeutischen Programme im Autismus-Bereich sind die Techniken des diskreten Lernformats und der angewandten Verhaltensanalyse (ABA – „Applied Behavior Analysis“), welche auf den Arbeiten des Autismus-Pioniers Ivar Lovaas fußen. Interventionsziele sind die Förderung der rezeptiven/ expressiven Sprache, die Erhöhung der Aufmerksamkeit gegenüber sozialen Stimuli, der Aufbau von Imitationsverhalten, das Erlernen vorschulischer Fertigkeiten und das Erreichen von Selbständigkeit in der Verrichtung von Alltagsaktivitäten. Mittlerweile haben viele Autoren den Lovaas’schen Ansatz weiterentwickelt, verändert und mit anderen Methoden ergänzt. Hervorzuheben ist dabei die Weiterentwicklung des ABA/ Verbal Behavior oder das von Bernard-Opitz entwickelte integrative STEPCurriculum.

2. Komplementäre Therapien (nicht unbedingt autismusspezifisch)

Hierbei sind vor allem hervorzuheben:

  • Kommunikationsfördernde Maßnahmen (sprachaufbauende oder sprachersetzende Interventionen, z.B. PECS (Picture Exchange Communication System von Bondy und Frost)
  • Förderung sozialer Fertigkeiten im Einzel- und Gruppensetting
  • Therapien, die am Spielverhalten und/oder der Bindung und Beziehung ansetzen (z.B. Integrative Spielgruppen, Theraplay, Floortime Ansatz und Relationship Development Intervention)
  • Logopädie zur Förderung der Sprech- und Sprachfähigkeit, sowie der non-verbalen Kommunikation
  • Ergotherapie und/ oder Sensorische Integration (SI) zur Förderung der Selbständigkeit bei alltagspraktischen Fertigkeiten, zur Verbesserung der Wahrnehmungsverarbeitung und der (Fein-) Motorik
  • Musiktherapie

3. Medizinische oder alternativmedizinische Ansätze (nicht unbedingt autismusspezifisch)

Psychopharmaka wirken nicht auf die Primärsymptomatik des Autismus, können aber bei sekundären oder co-morbiden Symptomen unterstützend sein. Medikamente sollten immer nur auf spezifische Symptome abzielen, um schädigende Verhaltensweisen, die anders nicht beeinflussbar sind, zu reduzieren.Die Wirksamkeit spezielle Diäten, Hormonbehandlungen oder die Einnahme von hochdosierten Vitaminen konnte bisher nicht nachgewiesen werden.

Abschließend lässt sich sagen, dass die bisher wirksamsten Therapieprogramme bei autistischen Beeinträchtigungen umfassende strukturierende Programme mit lerntheoretisch orientierten Elementen sind. Zusätzlich haben sich Interventionen zur Kommunikationsförderung (bei Bedarf unter Einsatz visueller Kommunikationsstrategien, vor allem bei nicht sprechenden Betroffenen) und zur Förderung sozio-emotionaler Kompetenzen bewährt. Generell werden folgende Punkte als wesentlich erachtet: (1) ein individuell auf das einzelne Kind zugeschnittenes Programm mit definierten Zielen, (2) die Involvierung der Eltern sowie (3) die hohe Vernetzung aller mit dem Kind arbeitenden Personen (z.B. der LehrerInnen, TherapeutInnen etc.).

Die möglichen Therapieverfahren zur Behandlung von Autismus nehmen immer weiter zu und sind besonders für Eltern schwer zu bewerten. Von Seiten der AMERICAN AUTISM SOCIETY wurde daher ein 7-Punkte-Plan erstellt, der für Eltern und Fachleute eine Orientierungshilfe bieten soll.

Die „Grundsätze zur Bewertung neuer Therapien“ lauten wie folgt:

  • Jeder neuen Therapie sollte man mit hoffnungsvoller Skepsis begegnen.
  • Besondere Skepsis ist angebracht, wenn eine Methode beansprucht, bei jeder Form von Autismus oder bei jedem Betroffenen zu wirken.
  • Vorsicht mit allen Methoden, die die Individualität missachten und dem Betroffenen schaden können.
  • Immer daran denken, dass jede Methode nur eine von mehreren Möglichkeiten darstellt.
  • Jeder Behandlung kann nur nach einer individuellen Untersuchung eingesetzt werden, die ihre Angemessenheit prüfen soll.
  • Über neue Therapiemethoden wird oft recht oberflächlich diskutiert: Vorsicht, wenn die Debatte auf die moralische Ebene gerät.
  • Neue Behandlungsmethoden müssen wissenschaftlich evaluiert sein.

(Quelle: Remschmidt, 1998)

Die ÖSTERREICHISCHE AUTISTENHILFE „ÖAH“ ist gerne bereit, Ihnen weitere Informationen zu geben, Ihre Fragen zu beantworten und Sie in Ihrer Arbeit zu unterstützen. Im Rahmen unserer Familienberatungsstelle können sich betroffene Eltern Rat und Unterstützung holen.

6 comments:

  1. Hallo, ich habe eine autistische Kind er bekommt zurzeit Sprach Frühförderung
    Zuhause und besucht eine heilpädagogische Kindergarten.
    Er wird im Oktober 5 Jahre und kann noch nichts reden, meine frage gibt es vielleicht andere Therapie Möglichkeiten die wir machen könnten.
    mfg

    1. Sehr geehrte Frau Özen,
      danke für Ihre Nachricht. Bitte melden Sie sich telefonisch bei uns für genauere Informationen.

      Mit freundlichen Grüßen
      Iris Koppatz

  2. Hallo, ich bin dabei die Ausbildung zum Heilpädagogen abzuschließen. Zurzeit arbeite ich an einer Facharbeit, die das Thema Kommunikation und Interaktion mit autistischen Kindern behandelt. Haben sie Tipps zu passender Literatur und Therapie- / Handlungsansätze?

    mit freundlichen Grüßen

    1. Sehr geehrter Michel,

      auf unserer Homepage unter der Rubrik „Literatur“ finden Sie eine Vielzahl an Rezensionen zu einschlägiger Fachliteratur zu den unterschiedlichsten Themen im Bereich Autismus-Spektrum-Störungen.

      Mit freundlichen Grüßen
      Iris Koppatz

  3. Hallo unsere kleine 2,5j Tochter wurde vor kurzem mit Frühkindliche Autismus diagnostiziert. Jetzt warten wir auf die Diagnose. Wir sind komplett in Panik und wissen gar nicht was wir tun sollen. Kann jemand uns helfen, zumindest die Reihenfolge für die nächsten Schritte….

    danke im Voraus.

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