MEHR ALS FACHASSISTENTIN: JUTTA DANIEL

Alle unsere Kolleg*innen sind mit viel Herz für die Anliegen und Bedürfnisse neurodivergenter Menschen engagiert – oft schon aus persönlichen Gründen. Ein Beispiel ist Jutta Daniel, die seit 2022 als Fachassistentin für Schule und Freizeit im Team ist. 

„Mein Einsatzgebiet ist im Großraum Korneuburg und Tulln in Niederösterreich“, erzählt Jutta von ihrer Arbeit. Hier begleitet sie als Fachassistentin Kinder an Schulen und Kindergärten. „Das bisher älteste Kind war 16, das jüngste 8 Jahre alt. Ich erhalte immer wieder Anfragen von Eltern betroffener Kinder – die Nachfrage ist hoch, das Angebot aber gering. Außerdem muss diese Unterstützung mit der Schule vereinbart werden, was viel Überzeugungsarbeit benötigt.“ Dabei spricht sie aus eigener Erfahrung: Jutta ist Mutter eines 14jährigen Autisten. Sie hat selbst erfahren, wie viel Unterstützung fehlt und vor welchen Herausforderungen die Kinder ebenso wie die Eltern stehen. „Mit der Diagnose wuchs natürlich auch mein Interesse, mit Weiterbildungen in den USA und Deutschland schuf ich die fachliche Basis für mein Engagement.“

Jutta Daniel, Mutter eines 14jährigen Autisten

Schul-Burnout

Gerade im Schulbereich sieht sie großes Potenzial für Wissensvermittlung – und zwar an die Lehrer! „Es wäre so wichtig, hier Verständnis zu schaffen, was betroffene Kinder brauchen. Auch wenn es rühmliche Ausnahmen gibt, reagieren Lehrer z.B. oft verschlossen auf Fachassistentinnen. Das ist schade, weil es doch ein Miteinander sein soll, um das Potenzial dieser Kinder zu fördern.“ Denn gerade im Unterricht macht sich die Überforderung von Autisten schnell bemerkbar. „Maskieren ist ein großes Thema, also die Anpassung des eigenen Verhaltens. Das erfordert viel Kraft und ist sehr belastend. Die Folgen sind Panikattacken und oft sogar Burnout. Davon sind erschreckend viele Kinder betroffen.“

Mit Verständnis Potenziale erschließen

In derartigen Situationen ist es wichtig, individuell zu unterstützen, erzählt Jutta: „Oft hilft es, den Stoff einfach anders zu erklären und visuelle Hilfsmittel zu verwenden. Wenn die Logik einer Aufgabe fehlt, der Sinn nicht erkennbar ist, tun sich diese Kinder besonders schwer.“ Das zeigt sich im Fach Deutsch u.a. beim Schreiben eigener Geschichten. „Betroffene haben oft Probleme zum ersten Buchstaben anzusetzen – und werden dann als faul abgestempelt, was aber nicht stimmt.“ Dabei helfe es meist, die Schüler*innen in dieser Situation herauszunehmen und in Ruhe zu arbeiten. „Die Ablenkung zu reduzieren ist ein simpler Weg der Unterstützung.“ Die Ergebnisse solcher Maßnahmen überzeugen: „Ich hatte mal ein Kind, das fast durchgefallen wäre, sie hat die Schule der negativen Beurteilungserlebnisse wegen gehasst. Dabei war sie aber sehr gescheit und schrieb mit der richtigen Unterstützung plötzlich Zweier und Einser. Und hatte dann Freude am Lernen.“

Inklusion braucht Ressourcen

„Das System passt einfach nicht“, fasst Jutta ihre Erfahrungen zusammen. „Es fehlt an Unterstützung und Therapieplätzen. Die Leidtragenden sind die Eltern und die Kinder.“ Deshalb inszeniert sie eigene Projekte: „Vor Jahren habe ich ein Camp mit einer Ergotherapeutin gemacht, an dem bis zu vier Kinder pro Gruppe teilnehmen konnten. Daraus sind unter den Kindern Freundschaften entstanden, die teilweise bis heute bestehen. Manche lernten sogar zu sprechen und zu kommunizieren!“ Heute will sie einen eigenen inklusiven Platz schaffen, wo betroffene Kinder sein können, wie sie sind, Burnout und Ängste reduziert und Wahrnehmung und soziale Fähigkeiten gefördert werden. „Dabei würde ich auf tiergestützte Pädagogik setzen“, schildert sie ihren Plan, eine alte Scheune auf eigenem Grund therapiegerecht auszubauen und Schafe, Minikühe, Hasen oder auch ein Therapiepony zu halten. Vom Effekt tiergestützter Therapien ist sie überzeugt, nicht nur aufgrund ihrer eigenen pädagogischen Ausbildung: „Ich habe erlebt, wie mein Sohn auf einem Therapiepony plötzlich locker und happy wurde – dieses Erlebnis möchte ich auch anderen Eltern ermöglichen!“

Unterstützung gesucht

Zur Umsetzung dieser Idee hat Jutta mit Rainbow Farm einen eigenen gemeinnützigen Verein gegründet. „Aktuell suchen wir weitere Sponsoren, um hier in der Nähe von Stockerau die nötigen Baumaßnahmen umzusetzen und Therapiematerial anzuschaffen.“ Künftig sollen dann Einzel- und Gruppenförderungen, Ergotherapien, Workshops für Eltern und Fachkräfte und vieles mehr stattfinden. Dazu absolviert die ausgebildete Pädagogin (mit Spezialisierung auf ASS) und Englischlehrerin derzeit u.a. auch einen Lehrgang in Anlehnung an den TEACCH-Ansatz. „Ich denke, wir müssen uns als Eltern betroffener Kinder selbst helfen – das ist die Idee meiner Initiative!“